Episode 17 – THE WITNESS (SHAHED) – Nur ein Take

Eine neue schnelle Kritik direkt nach dem Kinobesuch. Ungeschnitten, garantiert nur ein Take. THE WITNESS gibt einen Einblick in das unterdrückte Leben von Frauen im heutigen Iran, lässt sich dabei aber viel Zeit und lässt (sicher kulturell bedingte) Fragezeichen zurück.
Trailer
Transcript
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Hallo und willkommen zu Bruttofilmlandsprodukt. Mein Name ist Hari List und das ist mein Format Nur ein Take.
[0:13]Das ist, wenn ich einen Film direkt nach dem Kinobesuch bespreche, ungeschnitten maximal 15 Minuten, wirklich nur in einer Aufnahme, nur ein Take und es ist nur mein Take. Wenn ein anderer Take hat, freue ich mich über eure Kommentare. Alle Infos, um mich zu erreichen, sind in den Show Notes verlinkt. Heute The Witness.
[0:30]Ich habe mir keinen einzigen der vielen iranischen Namen notiert, deswegen werde ich eher so in Allgemeinheiten sprechen. Es ist ein Film, der im Iran spielt, von österreichischen und deutschen Produktionsfirmen produziert wurde, in dem Sinne also ein österreichischer Film. Er ist auch österreichisch in dem Sinne, dass er nicht der schnellste Film ist, ein bisschen verwirrend, aber im Großen und Ganzen ein, von dem wie er präsentiert wurde, verkauft wurde und auch was der Titel verspricht, prinzipiell einmal interessant. Der Witness, die Zeugin, wahrscheinlich auf Deutsch, obwohl er kein einziges Mal auf Deutsch irgendwie promotet wurde, ist eine ältere pensionierte Lehrerin in Teheran, die einige Ziehkinder hat und einen Sohn im Gefängnis. Und ihre Ziehtochter lebt in einer Ehe, wo sie auch Gewalt erfährt und sie beobachtet dann schließlich vermeintlich den Mord. So wirklich was sehen tut sie eigentlich nicht. Also der Titel ist dann ein bisschen irreführend. Und jetzt könnte man glauben, wir hätten es so mit einem klassischen Verschwörungstriller zu tun, so wie ich denke.
[1:45]Staatsfeind Nummer 1 mit Will Smith früher oder irgendwie sowas, Also wo irgendjemand Unbeteiligter plötzlich in die Fänge von irgendwelchen großen Verschwörungsmachenschaften meistens dem Staat oder irgendwelchen Geheimdiensten gerät und sich dann mit Hilfe von irgendwelchen Verbündeten da irgendwie durchbringt.
[2:03]Und das ist ein sehr funktionierendes Rezept, das hier überhaupt nicht angewendet wird. Ja, sie kämpft gegen das System oder sie muss sich entscheiden, wie sie weiter vorgeht. Aber das System ist so repressiv und sie hat so überhaupt keine Chance. Und es ist auch nicht so, dass sie jetzt die Möglichkeit hat, wirklich in Aktion zu treten. Also dass der Film auch irgendeine Art von Geschwindigkeit aufnimmt. Und das macht den Film halt wirklich, wirklich sehr, sehr langsam. Und all die guten Ideen und all die guten Ansätze. Ja, es ist halt sehr schwierig, dem Film zu folgen. Und ich gebe ganz ehrlich gleich am Anfang zu, ich bin noch ein paar Mal eingenickt, weil er so langsam ist.
[2:45]Was ich sonst noch so sagen möchte über den Film. Das größte Problem, wenn man so will, das ich mit dem Film hatte, ist, ich habe sicher ein kulturelles Problem. Also nicht, weil ich was gegen Iraner habe oder so, sondern weil ich halt aus einer völlig anderen Welt komme und ich habe kulturelle, wie soll ich sagen, Aufnahmeschwierigkeiten. Das Erste ist gleich mal die Übersetzung. Ich habe ihn auf Persisch mit deutschen Untertiteln geschaut und die Übersetzung ist, naja, simpel, beziehungsweise bin ich mir dann nicht sicher, ob diese deskriptive Sprache, die da übersetzt wird, ob das A wirklich so gesagt wird. Es gehen sicher irrsinnig viele Nuancen verloren. Und dann stellt sich für mich die Frage, ob dieses deskriptive Sprechen so, ob das real ist oder ob das, also real, ich meine, es ist ein fiktionaler Film, immer noch, aber im Sinne von, ist das so, wie man im Iran generell spricht oder ist das geschlechtgeschrieben von den Autoren?
[3:40]Also wenn ich den Film auf Deutsch sehen würde und es würde so gesprochen werden, dann würde ich sagen, das ist schlecht geschrieben. Und ich habe halt meinen Geschmack, das muss ich ganz ehrlich sagen, der hat sich auch, wie soll ich sagen, entwickelt, meinen Filmgeschmack und
[3:54]meinen Geschmack, welche Geschichten ich mag und wie ich Geschichten präsentiert mag. Aber da habe ich einfach ein bisschen ein Problem damit, wenn vor allem auch oft so eine sehr deskriptive Sprache ist, wo sehr, sehr viel erklärt wird und sehr, sehr wenig gezeigt wird. Also das uralte Prinzip Show, don’t tell einfach komplett über einen Haufen geworfen wird und ich nicht weiß, ob das kulturell bedingt ist oder ob das ein klassischer iranischer Filmstil ist. Und das weiß ich einfach nicht. Also ich habe nichts dagegen, wenn es so ist, aber ich möchte es halt verstehen. Und wenn da jemand was dazu weiß, brauche ich mich über Aufklärung. Ähm, das wie gesagt, die deskriptive Sprache spießt sich dann auch ein bisschen mit dem sehr, sehr wie soll ich sagen.
[4:33]Stoischen oder ökonomischen Spiel der Hauptfigur, in deren Gesicht wir oft sind, während im Off sehr, sehr viel gesagt wird, auch das ist etwas was ich nicht unbedingt leiden kann, ich hab das letztens in Happy auch, kritisiert, ähm, meine letzte Folge, mein letzter nur ein Take, ähm, da war das genau das gleiche, da hat der Film gleich so angefangen, 10 Minuten Und wir waren nur im Gesicht von Happy und jemand anderer hat auf ihn eingeredet und er hat eigentlich recht wenig reagiert und auch im mimischen Spiel sehr wenig reagiert. Die Hauptfigur hier, die Hauptdarstellerin, die ich super interessant und sympathisch finde und ich finde auch, dass sie insgesamt einen guten Job macht, ist da auch sehr, wie soll ich sagen, ökonomisch in ihrem Spiel.
[5:19]Und der Film zeigt die repressive Situation, in der diese vor allem Frauen leben.
[5:31]Aber was ich noch nicht ganz verstehe ist und wo ich auch zu wenig über das iranische Filmemachen und speziell über das oppositionelle iranische Filmemachen weiß ist und was mich deswegen für eine Frage stellt ist, oder wie soll ich es nennen, es ist für mich eine Art Zirkelbezug. Wenn im Iran so ein repressives oder oppressives Regime herrscht, wo Frauen sich als Blockwarte betätigen und ihre eigenen, selbst die älteren Damen mit ihren grauen Haaren irgendwie dazu zwingen, den Hijab aufzusetzen, weil sie könnten ja einen Mann verführen.
[6:08]In dieser Welt, wo Tanzen nicht einmal im eigenen Haus wirklich erlaubt ist, ohne dass man sich quasi einbunkert, damit es ja niemand sieht, wo jegliche Art von politischer Betätigung und auch Anzeige von sowas wie einem Mord, aber wenn der halt von einer mächtigen Person begangen wurde, nicht nur dich ins Gefängnis bringen kann, sondern deine ganze Familie ruinieren kann, dass Schulen deswegen geschlossen werden und lauter so Sachen werden angedeutet und das heißt angedeutet, gesagt, dass das so ist. Wenn sie so weitermachen, dann schließen wir die Schule, in der sie früher als Lehrerin gearbeitet haben. Ich meine, das ist ja ultra repressiv. Also wenn das die Welt ist, die jetzt im Iran existiert, wie wird dann dieser Film gemacht, in dem Leute ihre Haare zeigen, tanzen, all diese Dinge tun? Und hier stellt sich für mich dann die Frage, ist das ein Film?
[7:01]Kino ein Film machen, das komplett im Geheimen passiert oder tatsächlich im Untergrund passiert, weil dann muss ich sagen, wow, das sieht man nicht.
[7:11]Ich meine, wenn ich so drüber nachdenke, man ist jetzt nicht auf Märkten unterwegs oder in wirklich großen Massenszenen. Es gibt schon Szenen, wo viele Leute drin sind, aber es sind keine Massenszenen. Aber all die Schauspieler sind natürlich mit ihrem Gesicht da. Wenn die jetzt alle im Iran daheim sind, wieso sind die nicht nach dem ersten Film im Gefängnis? Also ich verstehe das iranische System oder das aktuell regierende iranische System zu wenig und wie sehr dieser Untergrund, ich meine das Land ist ja riesig und so weiter, deswegen sicher gibt es Ecken des Landes, wo wahrscheinlich ein bisschen mehr nicht erlaubt ist, aber möglich ist. Ich, aber für mich hat sich da so ein wie soll ich, diktatorischer Zirkelzug Zirkelbezug eröffnet, wie kann der Film existieren beziehungsweise wie kann der nächste Film existieren wie kann ein Mensch einen Film machen und dann kann er, einen vielleicht, aber warum dann den zweiten wenn das Regime doch so, draufhaut und am Schluss sehen wir dann eingeblendet die ganzen, diese jungen Frauen die alle getanzt haben und ermordet wurden um, Irgendwie geht es in dem Film um Tanzen, aber auch das ist irgend so etwas, was sich erst am Schluss ergibt.
[8:31]Ich hätte mir irgendwie gedacht, es klingt ein bisschen doof, wenn ich sage, ich hätte gerne ein bisschen mehr Gewalt oder so. Nein, das stimmt ja nicht. Ich hätte gerne mehr die Geschichte dieser jungen Frauen, die sich da auflehnen
[8:42]und was denen widerfährt und wie die das System bekämpfen können und so weiter. Ob da nicht die spannendere Geschichte drin wäre und das sage ich jetzt rein aus der Story-Perspektive. Natürlich geht es hier um echte Menschen und echtes Leben und all diese Geschichten sind hundert- und tausendfach passiert und wahr wahrscheinlich. Und deswegen will ich nicht, dass das jetzt als Zynismus verstanden wird. Aber ich dachte mir halt am Schluss, werden diese tanzenden jungen Frauen gezeigt und es ging aber eigentlich, es ging schon ein bisschen um Tanzen, aber nicht so wirklich. Und am Schluss wird dann gezeigt, es geht um Tanzen. Und die große Endszene ist auch ein bisschen Feenstaub. Also ein bisschen Magie kommt dann noch rein. So die Tänz, Die adoptierte Enkelin verhindert, zu dem Zeitpunkt sind wir alle dafür, dass sie ihn umbringt und es ist auch schön angeteasert.
[9:33]Verhindert den Giftmord und dann tanzt sie und er resigniert irgendwie und lässt das halt zu, aber solange halt die Vorhänge vorgezogen sind. Und dann tanzt sie zur Tür hinaus und der Wind, der magische Wind reißt den Sichtschutz vom Zaun und öffnet die Tür hinaus und impliziert wird natürlich, dass er, der Täter, seinen Job verliert, vielleicht sogar mehr verliert, seine Position auf jeden Fall verliert, weil seine Tochter oder seine adoptierte Tochter tanzt. Also das Tanzen als revolutionärer Akt und als widerständischer Akt und so weiter, aber das hat irgendwie vorher nicht so richtig zum Film gepasst. Ich habe ein paar Kritiken gelesen, das ist das einzige, was ich als Vorbereitung gemacht habe.
[10:18]Und in den Kritiken wird zum Beispiel immer wieder gesprochen, dass die alte Dame, die gnädige Frau, wie sie in den Übersetzungen genannt wird, eine pensionierte Tanzlehrerin ist. Was natürlich Sinn gemacht hätte, wenn Tanzen irgendwie so das zentrale Objekt oder Thema gewesen wäre, zusätzlich zu der Unterdrückung der Frauen, was das eigentliche Thema ist. Und das habe ich nicht gesehen. Und sie wurde auch immer nur Lehrerin genannt und es wurde immer nur Schule gesagt. Das hat irgendwie nicht funktioniert und ich weiß nicht, wo die ganzen Kritiken das herhaben.
[10:52]Das war einfach nicht zu sehen. Und dann habe ich in den Kritiken auch teilweise widersprüchliche Sachen gelesen oder Sachen, die definitiv nicht da waren. Zum Beispiel haben sie die Sarah, das ist die einzige Name, die ich mir gemerkt habe, das Opfer, immer wieder als Schwiegertochter bezeichnet. Und das ist sie ja nicht. Und das wird aber auch klipp und klar mehrmals gesagt, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen. Die ältere Dame, unsere Hauptfigur und Sarah, das Opfer. Oder im Wikipedia-Artikel steht zum Beispiel statt Sarah irgendein anderer Name. Ganz witzig. Also irgendwie ist es sehr schwierig gewesen für sehr, sehr viele Leute, diesen Film zu ergreifen, begreifen, und auch in einer Zusammenfassung irgendwie wiederzugeben, wo dann halt eben solche Dinge zu Verwirrungen geführt haben. Und dann, ja, ich habe das Gefühl trotzdem, dass ich ein bisschen eingenickt bin zwischendurch, dass ich zumindest diese Konstellationen verstanden habe, wer ist wer. Auch hier wieder ein kultureller Unterschied. Es ist schon schwierig, wenn alle die gleichen Hijabs anhaben und die gleiche Kleidung anhaben. Und auch die Männer waren übrigens alle die gleichen Typen. Die hatten alle die gleiche Frisur und den gleichen Bart und den gleichen Körperbau ungefähr und hatten alle, bis auf die eine Ausnahme, den Sohn, die gleichen Anzüge an.
[12:14]Also ich weiß nicht, wo ich jetzt hernehmen sollte, dass unsere Hauptfigur Tanzlehrerin ist. Es hätte natürlich gepasst, aber sie hat nicht getanzt. Und sie trifft einmal einen ehemaligen Schüler, einen männlichen ehemaligen Schüler von ihr, der jetzt halt bei der iranischen Stasi ist oder was auch immer und sie observiert. Und kann man nicht vorstellen, dass der ein Tanzschüler war von ihr. Also das widerspricht dieser These oder sowas, was die anderen Kollegen in ihren Kritiken äußern oder ihnen sagen, dass sie eine pensionierte Tanzlehrerin ist. Also ja, und… Lange Rede, kurzer Sinn. Der Film ist interessant, aber er ist halt, wie gesagt, langsam, er ist sehr schwierig zugänglich und du musst dich wahrscheinlich sehr, sehr gut vielleicht mit dem iranischen Kino, mit der iranischen Diaspora und wie die mit dem iranischen Filmemacherinnen vor Ort zusammenarbeitet,
[13:05]auseinandergesetzt haben. Das ist ein Thema, das mich tatsächlich interessiert. Ich muss gestehen, ich habe mir den Film angeschaut, weil ich mir dachte so, weil der Iran halt in den letzten sechs Wochen, in denen dieser Film jetzt schon im Kino läuft, ein bisschen mehr in unseren Fokus der Weltpolitik gerückt ist. Und das war irgendwie so für mich der Ansatz, mir den Film jetzt doch anzuschauen. Er stand für mich jetzt nicht so auf der Super-Wichtig-Liste. Ich hätte ihn mir wahrscheinlich dann irgendwann On-Demand oder so angeschaut. Und weil er mich eben doch interessiert hat. Aber ja, vielleicht hätten wir auch.
[13:36]Einen Thriller machen können, der im Iran spielt und wo halt wirklich das System sehr, sehr stark bekämpft wird von vielleicht einer Person, die auch ein bisschen mehr Macht hat als unsere alte Lehrerin, die ja nicht einmal Macht hat, ihre, Mäuseplage, ihrer Mäuseplage Frau zu werden.
[13:53]Ja, wie hat euch der Film gefallen? Lasst mir einen Kommentar da. Alle Möglichkeiten das zu tun, findet ihr wie gesagt in den Shownotes. Ich sage danke fürs Zuhören, das waren meine Eindrücke zu The Witness Shahed, ist der iranische Titel, also persische Titel. Ja. Danke fürs Zuhören.
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